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Landesarbeitsgemeinschaft der Dozenten für Gebärdensprache Sachsen e.V.

Deutsche Gebärdensprache – was ist das?

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Viele Menschen glauben irrtümlicherweise, die Deutsche Gebärdensprache sei ein mit Gebärden sichtbar gemachtes Deutsch. Manche glauben, es sei eine Art manueller Code für das Deutsche. Sie denken, DGS könne nur konkrete Dinge ausdrücken, oder es wäre eine universale Gebärdensprache, die gehörlose / taube Menschen auf der ganzen Welt gleichermaßen benutzen.
Die moderne Sprachwissenschaft hat jedoch in den letzten Jahrzenten weltweit nachgewiesen, dass die nationalen Gebärdensprachen in Komplexität und Ausdrucksfähigkeit den Lautsprachen in nichts nachstehen. Dies gilt auch für die DGS. Sie ist kein gebärdetes Deutsch oder lautsprachbegleitendes Gebärden, sondern besitzt eine eigene Grammatik und ein spezifisches Lexikon. Beides muss für die DGS genauso gelernt werden wie die Grammatik und der Wortschatz der Deutschen Lautsprache.
Der Unterschied zum Deutschen besteht jedoch darin, dass die grammatischen Strukturen und Regeln der DGS ganz anderen Prinzipien folgen als die der Deutschen Lautsprache. Während die Lautsprache über das Ohr und die Sprechorgane funktioniert, ist die DGS eine visuelle Sprache. Sie benutzt den Körper als Sprachinstrument. Dabei spielen insbesondere die Handzeichen oder Gebärden eine wichtige Rolle. Zusätzlich, meistens sogar gleichzeitig, werden jedoch auch Mimik, Kopf- und Körperhaltung sowie der Gebärdenraum vor dem Oberkörper gezielt zur Umsetzung grammatischer Merkmale und Funktionen eingesetzt.
Mit DGS kann man differenzierte, komplexe und abstrakte Gedanken übermitteln. Gebärdende können sich über Philosophie, Literatur oder Politik genauso unterhalten wie über Fußball, Autos und ihre Steuererklärung. Gebärdensprache vermag Dichtung genauso ergreifend auszudrücken wie jede gesprochene Sprache. Selbst Witz, Scherz und Satire können in Gebärdensprache genauso feinsinnig oder beißend sein wie in der Lautsprache. Als Reaktion auf kulturelle und technologische Veränderungen werden auch in der DGS ständig neue Gebärdenzeichen von der Sprachgemeinschaft eingeführt.
DGS ist nicht universal. Genauso wie hörende Menschen in verschiedenen Ländern verschiedene Sprachen sprechen, so gebärden auch taube Menschen in den verschiedenen Gegenden der Welt in verschiedenen Gebärdensprachen. Somit gibt es neben der DGS z.B. auch eine Amerikanische, Französische, Englische, Chinesische, Thailändische Gebärdensprache und viele andere mehr. Selbst in der DGS lassen sich, ähnlich wie im Deutschen, verschiedene regionale Dialekte und gruppenspezifische Varianten feststellen. Diese unterscheiden sich durchweg nur in der Ausformung einzelner Gebärdenzeichen, jedoch kaum in ihrer Grammatik.

Gehörlose / Taube – eine sprachliche Minderheit mit eigener Kultur

Gehörlose / Taube emanzipieren sich zunehmend von der Bevormundung durch die hörende Welt. Sie entwickeln ihre eigene Identität und verwirklichen sich dabei selbst. Sie betrachten sich mehr und mehr als Angehörige einer sprachlichen und kulturellen Minderheit, wobei ihre Sprache Teil ihrer Kultur ist und sie wesentlich beeinflusst.
Sie haben das Bedürfnis, ihre ihnen vertraute Gebärdensprache zu gebrauchen und Gemeinschaft mit Menschen ihresgleichen zu haben. Eine entspannte, verständliche Kommunikation – verstehen und verstanden werden – erleben sie nur in dieser Gemeinschaft.
Aufgrund der Ausrichtung von Gehörlosen / Tauben auf visuelle Wahrnehmung unterscheiden sich die Gehörlosenkultur (Taubenkultur) und die Kultur der Hörenden voneinander. Die Kultur der Gehörlosen / Tauben ist nicht nur geprägt durch ihre Gebärdensprachgemeinschaft in Vereinen, Kultur- und Kommunikationszentren und Kommunikationsforen. Immer mehr gehörlose /taube Künstlerinnen und Künstler machen mit ihren Werken auf sich aufmerksam. Es sind Maler, Fotografen, Bildhauer, Filmer, Dichter, Zauberer und Pantomimen. In verschiedenen Großstädten gibt es Gehörlosen- / Tauben-Theater-Gruppen, die ihre Stücke präsentieren.
Neben gebärdensprachlicher Poesie und Lyrik sind Handformenspiele und visuelle Witze, die in einer Lautsprache keine Pointe hätten, ebenso Bestandteil der Gehörlosenkultur (Taubenkultur) wie die Erzählkunst.
In der herzlichen Verabschiedung von Freunden kommt die Gehörlosenkultur (Taubenkultur) ebenfalls zum Ausdruck. Während Hörenden ein kurzes zugerufenes “Tschüss!” genügen kann, umarmen sich Gehörlose / Taube, verabreden das nächste Treffen, sagen jedem einzelnen “Auf Wiedersehen!”, umarmen sich nochmal usw.

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